Gedanken zu Authentizität und Terroir
Die Verbindung von Boden, Rebe, Winzer und Handwerk
Der Markt wird weiterhin von technisch hergestellten und standardisierten Weinen dominiert. Eigentlich wenig überraschend, wenn man bedenkt, wie groß die Nachfrage nach solchen überwiegend industriell produzierten und dadurch meist billigen Weinen ist. Doch gleichzeitig wächst das Verlangen nach ehrlichen und authentischen Weinen, nach Weinen, die durch das schöpferische Zusammenspiel von Weinberg, Rebe, Klima und dem Handwerk des Winzers entstehen. Insbesondere die aufstrebende "Naturweinszene" übt eine wachsende Anziehungskraft auf (junge) Weinliebhaber aus, die sich nach Authentizität sehnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man alternative und unkonventionelle Stile oder klassisch-traditionelle Weine bevorzugt, denn beides kann als authentischer und terroir-bezogener Wein das Ergebnis der Arbeitsweise des Winzers sein. Diese Entwicklung ist zweifellos bemerkenswert und erfreulich! Wir möchten gerne kurz erläutern, was "Authentizität" für uns bedeutet und wie sie mit dem Begriff "Terroir" in Verbindung steht.
Authentizität ist für uns ein zentrales Konzept, wenn es um Wein geht.
Das bedeutet, dass ein Wein seine eigene Geschichte erzählt und den einzigartigen Charakter seines Ursprungsgebiets, des Terroirs, widerspiegelt. Solche Weine zeigen eine natürliche Eleganz und Ausdrucksstärke, die in industriell produzierten Weinen verloren gegangen ist.
Terroir, ursprünglich aus dem Französischen, bedeutet wortwörtlich "Gegend".
Obwohl Terroir meistens ausschließlich mit dem Boden in Verbindung gebracht wird, umfasst es doch viel mehr. Der Begriff bezieht sich auf das komplexe Zusammenspiel von Boden, Mikroklima und Gelände. Eine Vielzahl von Faktoren wie Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, Niederschlag, Sonnenstunden, Hangneigung, Boden-beschaffenheit, -farbe und -durchlässigkeit spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Wenn wir Terroir als die Verbindung von Klima und Boden betrachten, ist der Begriff noch einigermaßen klar. Doch zum Terroir gehören auch die lokalen Anbaupraktiken, die Geschichte, die Kultur und das überlieferte Handwerk. Der Winzer selbst prägt das Terroir durch eine Vielzahl von Entscheidungen (Bodenbearbeitung, Stockpflege etc.), die er Jahr für Jahr treffen muss. Wenn wir also die Arbeitsweise, die Auswahl der Sorte (Selection Massale etc.) oder ob der Weinberg mit oder ohne Traktor bearbeitet wird, berücksichtigen, wird der Begriff schnell komplizierter. Im weiteren Sinne umfasst Terroir auch den Keller und seine einzigartige Mikroflora, die Verarbeitung (Pressverfahren, Lagerung, Filtration, Schwefelung etc.) sowie den Gaumen derjenigen, die den Wein während seiner Entstehung begleiten. Anders ausgedrückt: Terroir ist kein einfach definierter Begriff und oft auch nicht eindeutig definierbar.
Welche Rolle spielt dabei der Boden?
Er spielt eine zentrale Rolle! Ein gesunder Boden ist die essentielle Grundlage, auf der die Qualität der Trauben aufbaut. Er beeinflusst die Nährstoffversorgung der Rebstöcke und unterstützt ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Er ermöglicht es, dass die Pflanze in Harmonie mit der natürlichen Umgebung arbeiten kann und fördert somit die Entwicklung der einzigartigen Merkmale des Terroirs. Aus genau diesen Gründen arbeiten wir nach den Prinzipien der regenerativen Landwirtschaft. Vereinfacht gesagt heißt das, dass wir einen besonderen Fokus auf den Oberboden (auch Muttererde genannt) legen. Ein gesunder und begrünter Oberboden fördert das Wurzelwachstum, die Nährstoffaufnahme und die Wasserspeicherung, während er gleichzeitig einen vielfältigen Lebensraum für Bodenorganismen bildet. Die darauf wachsenden Reben sind vital und robust und bringen besonders wertvolle Trauben hervor.
Als Terroir bezeichnen wir jedoch immer den Boden in seiner Gesamtheit. Die eben angesprochene Muttererde bedeckt lediglich die darunterliegende Geologie (Gestein, Löss, Sand etc.) und variiert in ihrer Dicke. Manchmal sind es nur wenige Zentimeter, bis man auf blankes Gestein trifft, wie beispielsweise in unserern Terraseen am Steinhaus. Die Reben nutzen den Boden als Verankerung und als Nährstoff- und Wasserspeicher. Das unsichtbare Wurzelsystem der Reben, das oft mehr Masse hat als der Rebstock selbst, ist in jeder Lebensphase von den Eigenschaften des Bodens abhängig. Der Boden beeinflusst auch das Mikroklima, das für das Wachstum der Reben und die Reifung der Trauben von Bedeutung ist. Je nach Zusammensetzung können Böden Sonnenenergie in unterschiedlichem Maße absorbieren, reflektieren, speichern und abgeben. Steinige, schwere & dunkle Böden wie am Schenkenbichl benötigen viel Sonnenenergie, um sich aufzuwärmen, können sie aber auch lange speichern. Leichte, helle & trockene Böden wie im Thal hingegen erwärmen sich schneller, kühlen aber auch schnell wieder ab.
Neben fruchtbarer und mit Pilzen und Mikroorgansimen durchstzter Muttererde (Stickstoffverbindungen etc.) benötigt die Rebe Mineralien um zu wachsen. Diese mineralischen Bestandteilen entstehen durch die Verwitterung der Gesteine und variieren in Größe und chemischer Zusammensetzung. Kalium, Magnesium und Calcium zählen hierbei zu den wichtigsten Pflanzennährstoffen. Womit wir zu einem wichtigen Punkt kommen:
Mineralität!
Viele Weinliebhaber empfinden oft mineralisch-salzige Noten (meistens jedoch "nur" in Assoziation mit hoher Säure), sobald sie sich etwa den steinigen Boden vorstellen, auf dem die Weinstöcke wachsen. So einfach ist "Mineralität" allerdings nicht erklärt. Grundsätzlich müssen wir davon ausgehen, dass alle Weine mineralisch sind, denn am Ende spiegelt jeder Wein den Boden wider, auf dem die Reben gewachsen sind, und von allen Böden nehmen die Wurzeln mineralische Pflanzenbausteine auf. Selbst ein feinkörniger Boden ist nichts anderes als verwittertes Gestein, sollte also noch intensivere "Mineralität" hervorbringen. Es steht außer Frage, dass authentischer Wein den Boden widerspiegelt, auf dem er wächst. "Mineralität" ist jedoch eine sehr subjektive Empfindung und lässt sich nicht eindeutig definieren (und auch nicht wissenschaftlich belegen). Letztendlich ist es aber genau dieser Umstand, der diesen Begriff so besonders macht. Er beschreibt ein Gefühl, das ein Wein dem Trinker vermittelt und ihm so eine Identität verleiht, die über den Geschmacksausdruck der Rebsorte hinausgeht. Denn authentische Weine sind vom Terroir geprägt.
Was noch?
Interessant und erwähnenswert ist auch, dass die Wachsschicht der Beeren, die sich beim Weichwerden entwickelt, die Düfte der Umgebung aufnimmt. Auch das ist Terroir. Egal ob würzige Waldluft, der Rauch von Buschfeuern oder eine salzige Meeresbrise, während der Mazeration, also dem Kontakt von Saft und Schale, der bei uns bis zu 36 Stunden dauert, überträgt sich diese "Information" auf die späteren Weine. Es steht außer Frage, dass auch die Hefen eine entscheidende Rolle bei der Freisetzung der beereigenen Aromen spielen. Eine detaillierte Betrachtung ihres Einflusses würde allerdings den Umfang dieses Beitrags sprengen. Letztendlich sind es unzählige Faktoren, die den Geschmack des Weins beeinflussen und ihn für uns gerade deshalb zum faszinierendsten Getränke der Welt machen.
Unser Ziel ist klar definiert
Wir wollen authentische, zeitlose und handwerkliche Weine erzeugen, die nach Hiedler, dem Kamptal und dem Jahrgang schmecken. Authentizität bezeichnet demnach den einzigartige Charakter des Kamptals und somit unseres Terroirs, welches wir in unseren Weinen zum Ausdruck bringen. Das macht sie letztendlich unverwechselbar und persönlich. Der Begriff Terroir umfasst dabei alle Eigenheiten, die nicht nur das Kamptal, sondern auch uns als Winzer auszeichnen.
